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Datum: 11.04.2022

DRK-Tafeln brauchen mehr Lebensmittel

Heftig steigende Lebensmittel- und Energiepreise bescheren den DRK-Tafeln im Landkreis Wolfenbüttel Zulauf in bislang unbekannten Ausmaßen. „Wir haben in den letzten zwei Wochen 60 neue Familien aufgenommen. So viele wie sonst in einem halben Jahr“, erklärt Tafelmitarbeiter Timo Franzka.

Ein Mann und zwei Frauen stehen an einem Tisch, sie haben vor sich jeweils eine Plastikbox und sortieren Lebensmittel. Auf dem Tisch stehen zwei Paletten mit Eiern. © DRK
Halten bei den DRK-Tafeln weiter die Stellung (von links): Timo Franzka, Aline Gauder und Juliane Liersch.

Gleichzeitig gingen die Lebensmittellieferungen zurück, wie Juliane Liersch als Leitung der DRK-Tafel im Eberts Hof verdeutlicht. Als verlässlicher Rettungsanker in der Not brauchen die DRK-Tafeln in der aktuellen Krise nun selbst Hilfe – in Form von Lebensmitteln, Ehrenamtlichen und Finanzmitteln.

„Nach zwei Jahren Corona-Modus sind die Mitarbeitenden alle am Limit“, mach Liersch klar. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine kommen gleich mehrere neue Herausforderungen auf die Tafeln zu. Denn die Abholerinnen und Abholer müssen wegen der schieren Menge der Neuzugänge längere Wartezeiten als zuvor in Kauf nehmen, um dann wegen der Lebensmittelknappheit unter Umständen weniger Ware zu bekommen. „Das kann vereinzelt auch mal für Missmut, Unruhe und Ärger sorgen. Wir müssen da einfach um Verständnis bitten“, so erklärt Juliane Liersch.

Weitere Neukunden erwartet

Gestemmt wird die Arbeit von 40 Ehrenamtlichen und zwei hauptamtlichen Mitarbeitenden in Eberts Hof, sowie weiteren Kräften in der Verteilstelle am Exer und der Außenstelle in Schladen. Beim Personal, so Liersch, sei man im Moment gut aufgestellt – angesichts der noch zu erwartenden Ausmaße der Not freue man sich aber über jeden, der mit anpacken möchte. Insbesondere Fahrer zur Abholung von Lebensmitteln würden dringend gesucht.

60 Prozent mehr Arbeit als im Januar

Im Gegensatz zu Januar hat sich die Arbeitslast nach Einschätzung von Tafel-Mitarbeiter Timo Franzka um etwa 60 Prozent gesteigert. Wie zuvor selten, entstehen nun teilweise auch Schlangen, wie beispielsweise in der Außenstelle Schladen, während gleichzeitig die Warenlieferungen zurückgehen. „An langen Tagen“, so Franzka, „versorgen wir hier bis zu 80 Familien.“ Auf die Woche gerechnet, so ergänzt Liersch, bis zu 500 Personen: „Die Anmeldezahlen steigen ins Unermessliche.“ Franzka ist sich sicher, dass die Not noch größer wird: „Wenn das so weiter geht, werden wir immer weniger rausgeben können.“

Not überwindet Hemmschwellen

Die Menschen in Stadt und Landkreis Wolfenbüttel leiden unter den steigenden Lebens­haltungs­kosten. Das macht sich bei der Tafel in großem Maße bemerkbar. Liersch: „Es kommen viele Einzelpersonen, Familien und Rentner, die sich wegen der aktuellen Lage ein Herz gefasst haben sich doch an die Tafelausgabe zu trauen.“ Denn für viele Menschen in Not sei der Gang zur Tafel immer noch ein Stigma. Gerade bei Rentnern liegt die Hemmschwelle laut Liersch sonst sehr hoch: „Die betrachten das immer noch als Betteln.“

Viele Geflüchtete unter den Neuzugängen

Hinzu kommen die Geflüchteten aus den Kriegsgebieten in der Ukraine, die in Wolfenbüttel Unterschlupf gefunden haben. Solange diese nicht in einer Einrichtung wie der Gemeinschaftsunterkunft Schöppenstedt oder der Okeraue untergebracht seien, hätten auch diese Familien Anspruch auf eine Lebensmittelversorgung – auch um Gastfamilien zu entlasten, die privat Räume zur Verfügung stellen. Hier sei die Sprachbarriere häufig ein Problem und zusammen mit dem hohen Andrang ein zusätzlicher Stressfaktor für die DRK-Tafeln in Wolfenbüttel.

Wichtiger Lebensmittellieferant weggebrochen

Die Schließung von Karstadt in Braunschweig hätte die Wolfenbütteler Tafeln zu keinem schlechteren Zeitpunkt treffen können. Damit breche ein weiterer großer Spender weg. Auch andere Kooperationspartner hätten nicht mehr so viel Ware übrig, wie das üblicherweise der Fall war: „Vieles wird teurer und die Ware zugleich knapper, dadurch mehren sich die Hamsterkäufe. Aktuell fehlen ja sogar in den Supermarktregalen viele Waren. Für uns ist es dann natürlich besonders schwer, ausreichend Ware zu bekommen“, macht Aline Gauder, Leiterin der Ehrenamtskoordination beim DRK, klar. „Die Lebensmittelmärkte selbst sind auch bewusster geworden und kaufen nicht mehr so viel ein“, fügt Liersch hinzu.

Die DRK-Tafeln bringt das in eine schwierige Lage. Sie unterstehen dem Bundesverband, dessen Satzung nur die Nutzung von Lebensmitteln erlaubt, die ansonsten weggeschmissen würden. Nur in Notsituationen wie der jetzigen könne man vom Bundesverband die Freigabe erhalten, Lebensmittel einzukaufen, wie Gauder erklärt. Diese Lösung werde derzeit diskutiert.

Neue Kooperationspartner und Privatspenden benötigt

Vielmehr hoffe man – auch um dem Prinzip der Rettung von Lebensmitteln vor dem Abfall treu zu bleiben – auf neue Kooperationspartner unter den Lebensmittelhändlern in Wolfenbüttel. Auch Privatspenden seien jederzeit willkommen. Insbesondere frische Ware sei selten geworden. „Alles was Kühlware ist, sollte man aber dennoch wegen der Kühlkette bei Privatspenden außen vor lassen. Das können wir nicht überprüfen. Aber ein knapp überschrittenes Mindesthaltbarkeitsdatum ist in der Regel kein Problem. Neben Konserven brauchen wir Säfte, Zucker, Mehl, Reis, Nudeln, Milch, Marmelade, Honig…“, zählt Timo Franzka auf. „Wer überlegt, Geld an die Tafel zu spenden, könnte dies alternativ auch über einen Einkaufsgutschein für ein Lebensmittelgeschäft spenden, die wir dann zum gezielten Warenkauf verwenden können“, ergänzt Gauder.

Energiekosten steigen auch für die Tafeln

Neben den für den Betrieb wichtigen Lebensmittelspenden seien auch Geldspenden weiterhin willkommen. Denn die Kosten für Strom, Heizen und Benzin steigen auch für die DRK-Tafeln im Landkreis Wolfenbüttel, die ohnehin mit einem Defizit von bis zu 150.000 Euro im Jahr für das DRK zu Buche schlagen. Schließen werde das DRK die Tafeln aber auf keinen Fall, so sind sich alle einig: „Wir bleiben ein verlässlicher Partner. Die Läden verlassen sich darauf, dass wir Lebensmittel abnehmen. Diese Kontakte pflegen wir seit vielen Jahren“, verdeutlicht Gauder. „Wir wollen weiter für unsere Kunden da sein und Lebensmittel retten. Auch wenn die Auswahl für unsere Kunden aktuell knapper wird.“ Franzka abschließend: „Wir hoffen auf Verständnis für die Situation und bitten darum, etwas mehr Zeit und Respekt für unsere Arbeit mitzubringen. Wir tun weiterhin alles, was wir können.“

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