Globale Klimagerechtigkeit und nachhaltiger Tourismus - geht das?
In zwei aktuellen Vorträgen beleuchteten Frank Herrmann und Robert Wenzel im Rahmen der fairen Woche in Wolfenbüttel die komplexen Zusammenhänge zwischen „globaler Klimagerechtigkeit“ und „fairem Tourismus“ mit Blick auf die weltweiten sowie lokalen Auswirkungen der Klimakrise.
Beide betonten, dass der Klimawandel nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern zugleich tiefgreifende Fragen der Gerechtigkeit, der Menschenrechte und der globalen Verantwortung aufwirft.
Globale Klimagerechtigkeit: Ungleich verteilte Lasten
Frank Herrmann, Sachbuchautor, Entwicklungsexperte und ehemals Reiseleiter, fokussierte sich in seinem Vortrag auf das Thema „globale Klimagerechtigkeit“. Er verdeutlichte, dass Länder wie die USA und Deutschland bereits seit den 1980er Jahren mehr CO2 ausgestoßen haben, als ihnen im Rahmen eines fairen CO2-Budgets zusteht, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Dies führt dazu, dass besonders die Länder und Bevölkerungsgruppen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben – darunter indigene Gemeinschaften, Kleinbäuerinnen und -bauern sowie vulnerable Gruppen im globalen Süden – unverhältnismäßig stark unter den Folgen der Erderwärmung leiden. Herrmann betonte, dass die Auswirkungen des Klimawandels weit über technische Herausforderungen hinausgehen: „Es geht um Gerechtigkeit, Gleichheit und Menschenrechte. Der Klimawandel ist ein politisches und ethisches Thema, das globale Solidarität, finanzielle und sonstige unterstützende Maßnahmen erfordert.“ Als Beispiele nannte er Unterstützung durch den „fairen Handel“.
Tourismus im Wandel: Herausforderungen und Chancen für Niedersachsen
Robert Wenzel, Leiter Nachhaltigkeit und Marktforschung der TourismusMarketing Niedersachsen, stellte in seinem Vortrag den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf den Tourismus in den Vordergrund. Er erklärte, dass steigende Temperaturen zu gravierenden Veränderungen in touristischen Gebieten führen, wie Hitzeinseln, Hochwasser und Überfüllungen durch sogenannte „Hitzeflüchtlinge“. Dies stelle eine Bedrohung für die Natur, die Landschaft und die Infrastruktur dar. Gleichzeitig könne es zu einer verringerten Reiseintensität in besonders betroffenen Regionen kommen.
Doch der Klimawandel biete auch Chancen für den Tourismus in Niedersachsen. Wenzel hob hervor, dass die wärmeren Temperaturen zu einer Verlängerung der Tourismussaison führen könnten, während die attraktiven Küsten, Seen und Flüsse des Landes durch das gute Badewetter profitieren. Zudem bieten grüne und blaue Infrastrukturen – wie Wälder und Gewässer – Möglichkeiten zur Abkühlung in heißen Sommermonaten. Wenzel appellierte jedoch an Reisende, Verantwortung zu übernehmen und nachhaltige Reiseoptionen zu bevorzugen, wie weniger fliegen, unvermeidbare Emissionen zu kompensieren und Unterkünfte direkt zu buchen.
Globale Klimagerechtigkeit und nachhaltiger Tourismus: Eine gemeinsame Aufgabe
Beide Referenten machten deutlich, dass Klimagerechtigkeit und nachhaltiger Tourismus eng miteinander verknüpft sind. Während Industrieländer durch hohe Emissionen stark zur Klimaerwärmung beitragen, sind auch viele touristische Ziele im globalen Süden am stärksten von den negativen Folgen betroffen. Herrmann betonte die Notwendigkeit einer fairen Verteilung der Klimakosten, während Wenzel auf die Chancen des klimafreundlichen Tourismus hinwies, der nicht nur die Umwelt schützt, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität in betroffenen Regionen fördern kann.
In diesem Zusammenhang rief Klaus Benscheidt, Stadtbaurat, die anwesenden Bürgerinnen und Bürger dazu auf, das neu gewonnene Wissen aktiv weiterzugeben und als Multiplikatoren in ihren Gemeinden zu wirken, um das Bewusstsein für Klimagerechtigkeit und nachhaltigen Tourismus zu stärken. „Nur gemeinsam können wir den Wandel vorantreiben und langfristige Lösungen entwickeln“, betonte Benscheidt. Die Vorträge verdeutlichen die Dringlichkeit, den Klimawandel als gesamt-gesellschaftliche Herausforderung zu begreifen.