Mit dem eigenen Handabdruck dem Klimawandel begegnen
Jede Menge Informationen, Fachvorträge, Praxisbeispiele und der gegenseitige Austausch standen bei der 2. Wolfenbütteler Klimaschutzkonferenz am Dienstag, 6. Mai 2025 in der Lindenhalle im Mittelpunkt – den gelungenen Abschluss bildete schließlich die Abendveranstaltung mit der Meteorologin und angehenden Astronautin Dr. Insa Thiele-Eich, die einen etwas anderen Blick von oben, aber auch auf Augenhöhe als ehrenamtliche Kommunalpolitikerin auf das Thema warf.
Zuvor beschäftigte sich jedoch Bürgermeister Ivica Lukanic und Landrätin Christiana Steinbrügge mit der gefühlt nachlassenden Priorität, die Klimaschutz derzeit in der Politik, aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern, genießt. Dabei sei Klimaschutz mehr als ökologische Schwärmerei. „Es geht um globale Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und darum, Ängste ernst zu nehmen: Vor Veränderung, vor Einschränkungen, vor vermeintlichen Verlusten. Die Fridays for Future Bewegung hat gezeigt: Klimaschutz ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Leider erleben wir derzeit auch zunehmende Skepsis, die wissenschaftliche Fakten leugnet und infrage stellt. Umso wichtiger ist es, dass wir mit klarem Kompass und faktenbasiert handeln. Ich möchte an der Stelle mit einem verbreiteten Gerücht aufräumen: Klimaschutz steht nicht im Widerspruch zu wirtschaftlichem Erfolg. Im Gegenteil: Er kann und wird Innovation, Arbeitsplätze und neue Chancen schaffen“, betonte der Bürgermeister.
Ein herausragendes Beispiel dafür sei die von der Stadt Wolfenbüttel erworbene Windenergieanlage im Windpark Ahlum-Dettum. Sie spare jährlich mehrere Tausend Tonnen CO₂ ein – und leiste zugleich einen wertvollen Beitrag zur Prosperität der Stadt, weil sie Erträge erwirtschafte, die direkt in den städtischen Haushalt fließen würden und sie produziere den günstigsten Strom. Das zeige: Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg gehen Hand in Hand. „Der Klimaschutz und seine Kosten sind nicht verantwortlich für die derzeitige wirtschaftliche Schieflage. Vielmehr waren es verpasste Chancen, Fehlinvestitionen, fehlende Hemdsärmlichkeit und Überregulierung“, unterstrich Lukanic, „sicher, Klimaschutz kostet – Nichtstun kostet uns allerdings alle mehr.“
„Klimaschutz ist kein Selbstzweck, er dient dem Schutz von Menschen“, machte auch Landrätin Christiana Steinbrügge deutlich. Die Erde würde sehr wahrscheinlich ziemlich gut ohne Menschen auskommen. Andersherum sei das sicher schwieriger. Was wir gerade beobachten sei, dass die Vernachlässigung des Klimas nicht erst irgendwann später wirke, sondern schon jetzt. „Und das heißt, wir müssen uns jetzt darum kümmern. Es geht um Schutz vor immer heißeren Sommern, um Natur- und Umweltschutz, für saubere Luft und gesunde Böden, um die Entwicklung von zukunftsfähigen Technologien und am Ende um den Schutz unserer Lebensgrundlagen. Klimaschutz ist damit Menschenschutz und hat zugleich das Potenzial für nachhaltigen Wohlstand auch in unserer Region. Dabei wollen wir nicht ideologisch, sondern sachlich, lösungsorientiert, pragmatisch und fundiert vorgehen. Es geht nicht darum, irgendwen zu bekehren, sondern darum, Fakten zu erörtern, Chancen zu nutzen, durch Argumente und gute Beispiele zu überzeugen.“
Ihren Wunsch, Astronautin zu werden, fasste Dr. Insa Thiele-Eich schon in frühen Jahren. Ursache war wohl ein Urlaub mit ihren Eltern und Geschwistern in den Bergen als sie acht oder neun Jahre alt war. Ihr Vater, Physiker – und später auch Astronaut - schaute mit der Familie in den Himmel und begeisterte sich für einen kleinen Lichtfleck. Dieser war die einzig andere Galaxie, die man am Nachthimmel mit bloßem Auge sehen kann. „Mir war damals gar nicht klar, bis zu diesem Zeitpunkt, dass es auch noch andere Galaxien da draußen gibt und dass das Licht von diesen Galaxien, in diesem Fall zwei Millionen Jahre, zu uns braucht. Das heißt, dieser kleine Lichtfleck, den ich gerade da sehe, wenn da jetzt jemand wäre, der mich anschaut und meinen Lichtfleck sieht, jetzt im gleichen Moment könnten wir von einander niemals erfahren, weil die Information, die wir austauschen können, die einzige, die das ist, nämlich das Licht, schon zwei Millionen Jahre alt ist. Das heißt, ich kann noch nicht mal diese andere mögliche Person oder das andere Lebewesen in der Andromeda-Galaxie in real-time wahrnehmen. Und das hat mich umgehauen“, berichtete sie voller Begeisterung, „das war mit Sicherheit einer der Hauptschlüsselmomente für meine persönliche Reise und meine persönliche Faszination zu allem, was mit Universum zu tun hat, auch zur Interaktion zwischen Mensch und Umwelt.“
Das spätere Studium der Meteorologie sei also auch ersteinmal ein Grundstein gewesen. „Ich habe Anfang 2000 angefangen zu studieren und da kam das Klima auch schon vor, so als Wort. In der Forschung tatsächlich habe ich dann festgestellt selber, gar nicht mehr so ein großes Thema. Aber eins, dem ich mich selber gewidmet habe. Und mit der Zeit wurde daraus dann auch die Beschäftigung mit dem Klimawandel - erst mal noch schön weit weg, als ich als Teil meiner Promotion mich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Überschwemmungen in Bangladesch beschäftigt habe. Weil Bangladesch ist von uns nicht nur räumlich weit weg, sondern auch sonst vielleicht gesellschaftlich nicht das Land, was man dann eh ist und im Kopf hat, wenn man jetzt Deutschland mit einem anderen Land vergleichen möchte. Und das war für mich auch persönlich erstmal der erste Einstieg. Ich habe dann gemerkt oder in meiner Forschungsarbeit festgestellt, Klimawandel, das ist tatsächlich mehr so ein Hintergrundproblem, weil es einfach noch so weit weg ist. In allen unseren Prognosen, in allen unseren Modellen taucht das jetzt in zehn, 20, 30, 40 Jahren so richtig schlimm auf. Das ist auch jetzt schon erkennbar. Aber tatsächlich verschärft es erstmal die gesellschaftlichen Probleme, die ohnehin schon da sind. Und das ist etwas, was ich jetzt 15 Jahre später auch tatsächlich auch hier für Deutschland ganz klar genauso sagen kann. Klimawandel macht vieles da einfach noch schlimmer von dem, was ohnehin schon in Schieflage ist“, beschreibt Dr. Thiele-Eich.
Natürlich habe sie sich auch hinterfragt, ob sie ins All fliegen wolle, wenn sie gleichzeitig Klimaforscherin sei und genau wisse, was das für einen ökologischen Fußabdruck habe. „Für mich persönlich, hatte ich dann realisiert, okay, mein Fußabdruck ist das eine, ich kann aber mal schauen, was kann ich denn mit meinem Handabdruck, also mit dem, was ich mache, bewirken. Als Astronautin habe ich plötzlich eine Plattform, wo ich persönlich vielleicht auch mal Fragen stellen kann, oder über die Fakten, die ich als Wissenschaftlerin in meinem Büro mit meinen Kolleginnen und Kollegen erarbeite sprechen kann. Wie können wir besser über das Klima sprechen, wie können wir Menschen erreichen, die es nicht hören wollen, wie können wir die Menschen erreichen, die es hören wollen, wie können wir Menschen erreichen, die es hören müssen?“, so Dr. Thiele-Eich.
Die fünf Kerininfos zum Klimawandel in nur 20 Wörtern seien 1. Er ist real. 2. Wir sind die Ursache. 3. Er ist gefährlich. 4. Die Fachleute sind sich einig. 5. Wir können noch etwas tun. „Und was wir tun können, das hat immer auch ein bisschen was mit unserem Handabdruck zu tun“, sagt sie.
Die Besucherinnen und Besucher der Klimaschutzkonferenz haben mindestens schon den ersten Schritt getan und sich informiert und erlebt, wie vom Zusammenspiel von starken Partnerschaften, gemeinsamer Verantwortung und der Bereitschaft, es gelingt, sich gegenseitig zu stärken.
Das Video zur Klimakonferenz
Youtube: Klimaschutzkonferenz 2025
Die Bilder
Flickr-Album: Klimaschutzkonferenz 2025