Warum der Stadtbus in Wolfenbüttel unter erschwerten Bedingungen fährt
Die eine oder andere Erkenntnis aus der am Mittwoch, 4. Juni beim Rathausdialog vorgestellten Evaluation des Stadtbuskonzepts überraschte sicherlich die zahlreichen Besucherinnen und Besucher im Ratssaal. Die große Kritik am Konzept, das seit seinem Start im Oktober 2021 Grundlage für den öffentlichen Nahverkehr in Wolfenbüttel ist, blieb allerdings auch aus.
Mit Verbesserungen im Detail sollten sich Stadtverwaltung und Politik dann aber doch beschäftigen - so der Wunsch der Bürger. Im vierten Quartal sei geplant mit den Beratungen zu beginnen, wie Stadtbaurat Klaus Benscheidt zum Abschluss der rund 100-minütigen Veranstaltung schon einmal ankündigte.
Von den Nahverkehrsexperten vom Büro BBA aus Hamburg wurde vor rund einem halben Jahr überprüft, wie das Stadtbuskonzept seit seinem Start Ende 2021 angenommen wird. Das Konzept sollte ja mit dem Rendezvous-Prinzip am Kornmarkt, einem 15-Minuten-Takt auf Hauptverkehrsachsen und einer verstärkten Nutzung von Elektrobussen neue Maßstäbe für Mobilität und Klimaschutz setzen. Die Evaluation sollte nun Stärken, Herausforderungen und Optimierungspotenziale des Systems aufzeigen. Generell konnte man feststellen, wie Sebastian Müller und Nicolas Ihlenburg von BBA betonten, dass sich das Verkehrsaufkommen in Wolfenbüttel stark auf den Innenstadtbereich konzentriere und dieser auch gut durch den ÖPNV erschlossen sei. Der Stadtbus befördere rund 1,9 Millionen Fahrgäste pro Jahr – bei einer mittleren Besetzung von nur 4,8 Personen pro Bus. Die meisten Fahrgäste werden durch die Linie 793 (Salzdahlum – Kornmarkt – Linden Süd) befördert, die Linie 796 (Ahlum – Kornmarkt – Ringstraße) habe die wenigsten Nutzer.
„Der Stadtbus bildet ein gutes ÖPNV-Angebot unter erschwerten Bedingungen“, stellten die beiden Nahverkehrsexperten fest. Bis auf wenige Ausnahmen böten die Stadtbuslinien eine sehr gute Erschließung, insbesondere in Richtung Innenstadt. Sowohl das Angebot der KVG als auch die Nachfrage sei auf den Innenstadtbereich rund um den Kornmarkt zentriert. Jedoch sei ein beträchtlicher Wegeanteil (60 Prozent) eher diffus und daher für den ÖPNV auch schwer zu befriedigen. Wolfenbüttel biete zudem attraktive Konditionen für den Autofahrer. „Die Innenstadt bietet ausreichend Parkplätze zu günstigen Konditionen“, so Müller und Ihlenburg. In Kombination mit den eher kurzen Wegen in Wolfenbüttel handele es sich um erschwerte Rahmenbedingungen für den ÖPNV. Insgesamt konnten die Fahrgastzahlen im Vergleich zu den Zahlen vor der Umstellung gesteigert werden. Auch seien die Busse in 89 Prozent aller Fälle pünktlich. Lediglich elf Prozent kämen über drei Minuten zu spät.
Nach den Zahlen, Daten und Fakten waren die Bürgerinnen und Bürger gefragt. Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge im Allgemeinen waren ebenso gefragt wie der Austausch zu möglichen Änderungen der Linienführungen in Salzdahlum und Linden. Als häufig genannter Wunsch konnte eine bessere Anbindung des Bahnhofs vernommen werden. Auch die Harmonisierung mit der Taktung des Zugverkehrs war ein häufiger Wunsch – der allerdings nur schwer umzusetzen wäre. In Salzdahlum werde über die Anbindung des Neubaugebiets nachgedacht. Mehrere Optionen wurden hier lebhaft diskutiert. Und in Linden würde man sich zum Beispiel über eine Verlängerung des Fahrangebots am Samstag um eine Stunde freuen – damit das ÖPNV-Angebot auch für Besucher von Veranstaltungen in der Lindenhalle attraktiver und somit nutzbarer wird.