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Datum: 10.11.2022

„Wir dürfen die Menschlichkeit nicht aufgeben“

Zur Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen im Jahr 1938 hatten am Mittwoch, 9. November 2022, das Bündnis gegen Rechtsextremismus und die Stadt Wolfenbüttel an den Gedenkstein am Paul-Raabe-Platz eingeladen. Die Organisatoren freuten sich über den großen Zuspruch der Bürgerinnen und Bürger, die an der Veranstaltung teilnahmen.

Vor einem Gedenkstein liegt ein Kranz, davor stehen in Gedenken drei Personen © Stadt Wolfenbüttel
Kranzniederlegung auf der Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen im Jahr 1938

Michael Sandte vom Bündnis begrüßte und leitete im Anschluss zur gemeinsamen Kranzniederlegung am Gedenkstein über.

© Stadt Wolfenbüttel

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Bürgermeister Ivica Lukanic: „Heute jährt sich zum 84. Mal ein Datum, das für immer als Tag der Schande in der Deutschen Geschichte bestehen bleiben wird. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstörten Nazi-Schergen im damaligen Deutschen Reich Synagogen, Wohnhäuser und Geschäfte. Viele Schaulustige haben dem Zerstörungswerk schweigend oder gar mit Freude zugeschaut. Proteste von Nichtbeteiligten blieben aus. Die Pogromnacht versetzte die jüdische Bevölkerung Deutschlands in Angst und Schrecken, führte zur Zerstörung von über 260 Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen im ganzen Reich, zur Demütigung und Misshandlung jüdischer Menschen, zur Verhaftung von etwa 30.000 jüdischen Männern und deren Verschleppung in Konzentrationslager, kostete zahlreiche Leben und war der Auftakt zum schlimmsten Völkermord in unserer Geschichte.“ Angesichts zunehmend populistischer und extremistischer Tendenzen auf nationaler und internationaler Ebene sei das Thema heute noch hochaktuell. „Es ist und bleibt unsere ständige Aufgabe, weiterhin gemeinsam für eine demokratische, solidarische, tolerante und pluralistische Gesellschaft einzustehen.“

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Schüler der Stolperstein-AG der Leibniz-Realschule lasen Briefe und Gedichte von Joachim Esberg. Der Wolfenbütteler verfasste sie im belgischen Exil.

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Auch Björn Försterling griff Esberg in seiner Gedenkrede auf: „Joachim Esberg hätte auch Ihr Nachbar, Ihr Mitschüler sein können. Er war ein Kind dieser Stadt. So ging es vielen, die plötzlich aus der Mitte der Gesellschaft herausgenommen wurden und denen plötzlich das Menschsein abgesprochen wurde“. Aus heutiger Sicht sei es vielleicht unvorstellbar, dass einfach von den Nachbarn zugesehen wurde, die vielleicht auch in der Feuerwehr waren, wie die Synagoge niedergebrannt wurde. Und da habe es auch keine Rolle gespielt, dass man sich vielleicht von früher kannte. „Wenn wir heute dann den Ereignissen von damals gedenken, müssen wir uns auch vor Augen, was hier auf dem Gedenkstein geschrieben steht: Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wir müssen also nicht nur die Vergangenheit betrachten, sondern auch die Gegenwart. Denn wer sagt uns, dass es heute nicht wieder der ehemalige Nachbar, der Spielkamerad von damals sein kann, der sich plötzlich inmitten gesellschaftlicher Anfeindungen wiederfindet.“ Schwierige Zeiten nach der Pandemie und nun durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine wie steigende Energiekosten und Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz seien leider der ideale Nährboden für den Verlust der Menschlichkeit. „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir die Menschlichkeit nicht aufgeben. Was 1938 auch hier passiert ist, kam ja nicht aus dem Nichts“, betonte Försterling.

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Thomas Pink vom Bündnis bestätigte, dass es wichtig sei, jedes Jahr diese Gedenkveranstaltung durchzuführen. „Das sie Jahr für Jahr immer notwendiger wird schmerzt“, so Pink. Er appellierte, dass sich die Gesellschaft nicht spalten lasse. „Wir dürfen nicht um das Gas kämpfen, sondern müssen um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft kämpfen.“

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Im Anschluss waren alle in das Bürger Museum eingeladen, wo eine Ausstellung von historischen Fotos jüdischer Familien aus Wolfenbüttel zu sehen ist. Die Aufnahmen stammen aus dem heimatgeschichtlichen Archiv von Jürgen Kumlehn. Umrahmt wurde die Veranstaltung von musikalischen Klezmer-Beiträgen von Ryszard Pobieda und Schülerinnen der Musikschule Wolfenbüttel.

Impressionen

unter Flickr-Album: Gedenkveranstaltung am 9. November 2022 zu den Novemberpogromen im Jahr 1938

Kontakt

Bündnis gegen Rechtsextremismus

c/o Sabine Resch-Hoppstock

Lindener Straße 55
38300 Wolfenbüttel