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Piskes Imbissstand ist Kult

Seit fast 60 Jahren gibt es den Stand von Piske auf dem Wolfenbütteler Wochenmarkt. Erst wurden dort schlesische Wurstwaren verkauft. Dann Bratwürste und andere Leckereien. Inzwischen ist er zum Kultobjekt geworden.

In einem Verkaufswagen stehen mehrere Frauen. Eine Frau ist mit dem Gesicht zur Kamera gedreht. © Stadt Wolfenbüttel / Molau
Silvana Preuße und ihr Team vom Imbiss Piske sind vom Markt nicht mehr wegzudenken.

Der Piske Imbissstand auf dem Wolfenbütteler Wochenmarkt ist eine Legende. Nicht erst, seit der Norddeutsche Rundfunk ihn über die Grenzen der Lessingstadt bekannt gemacht hat. Dort, wo ein lang gedehntes, immer wieder freundliches “Dankeschöön” zu hören ist, ist Wolfenbütteler Wurst- und Imbisstradition zu Hause. Vor 57 Jahren stand da noch ein provisorischer Wagen aus Zeltstangen und Planen – rot-weiß-rot gestreift, erzählt Silvana Preuße bei einer Tasse Tee im Café am Stadtmarkt. Sie sitzt ganz nahe bei der Glastür, so, als wollte sie zu dem Platz schauen, wo sie seit ihrem 14. Lebensjahr arbeitet. “Die Familie meiner Mutter, eine geborene Heinze, hatte eine Fleischerei in Wolfenbüttel. Wir stammen mütterlicherseits aus Schlesien und haben von dort aus nach dem Krieg unsere Rezepte und Traditionen mit hierhergebracht”, erzählt sie. Auf dem Markt sagen die meisten Silvana zu ihr. Die älteren Kunden sprechen höflicher von Frau Preuße. Und nur die wenigsten wissen, dass die gute Seele dieses Imbissstandes eine promovierte Chemikerin ist. Wer mit dieser agilen Frau spricht, der ahnt, dass es in ihrem Leben vermutlich keine Sekunde langweilig gewesen ist.

Nahaufnahme von mehrere Bratwürsten auf einem Grill. © Stadt Wolfenbüttel / Molau
Am Imbissstand Piske ist Wolfenbütteler Wurst- und Imbisstradition zuhause.

Vom Schloss auf den Markt

Genauso wenig langweilig wie die Familiengeschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele Schlesier in die Region und brachten ihre Spezialitäten mit. Trotz der zeitweise fünf Filialen bot man diese auch auf dem Markt an. “Früher hatte der Markt einen anderen Charakter. Das galt als nicht so schick dort. Man ging dort eher hin, weil man es sich anders nicht leisten konnte”, erinnert sie sich und rührt gedankenverloren in ihrer Teetasse. Der Beliebtheit tat das trotzdem keinen Abbruch. Und neben den ganz normalen Wurstwaren, setzte Silvana Preusses Mutter Mitte der 60er Jahre erstmals auf Bratwurst. “Die ist heute mit der Currywurst immer noch der Renner”, so Preuße. Für die Schloss-Schülerin war der Imbissstand allerdings nicht Liebe auf den ersten Blick. “Als ich mit 14 Jahren das erste Mal dort aushelfen musste, war mir das erst ganz schön peinlich. Alle Mitschüler waren an der ›Stange‹ und ich musste Bratwürste umdrehen”, erinnert sie sich. Man kann sich attraktivere Dinge vorstellen in dem Alter… Und was man heute nicht für möglich hält: Die selbstbewusste Frau hatte anfangs Angst vor den Kunden. Darüber spricht sie heute ganz offen und mit Humor.

Lockere Ansprache und ein großes Herz

Wer das “kodderige” Marktoriginal heute mit den Kunden flachsen und scherzen hört, kann gar nicht glauben, dass hier am Anfang Schüchternheit stand. “Ich bin da reingewachsen. Und jetzt warte ich nicht mehr auf die Witze der Kunden, sondern mache selbst welche”, lacht sie. Kein Wunder, denn vor der Übernahme des Marktstandes 1996 sammelte Silvana Preuße reichlich Lebenserfahrung. Nach dem Abitur studierte sie in Aachen zunächst Chemie, dann später in Braunschweig Lebensmittelchemie und schloss diese wissenschaftliche Arbeit mit einer Promotion ab. Nebenher, auch von der Stadt Karls des Großen aus, war immer Markttag angesagt. Das war und ist eine ganz schöne “Plackerei” – fast fünf Stunden Autofahrt für eine Tour. Dass die Mühen der universitären Arbeit am Imbissstand umsonst seien, lässt Silvana Preuße, die sich nebenbei in der Lessingstadt noch für den Lionsclub in Wolfenbüttel als Präsidentin engagiert, nicht gelten: “Ich habe für mich gelernt, um meinen Horizont zu weiten. Und auch im Alltag lässt sich viel anwenden, von dem, was ich mir da theoretisch erarbeitet habe.” Überhaupt ist sie technisch begeistert, wartet und repariert ihren Imbisswagen am liebsten allein und ist auch zu Hause für die handwerklichen Arbeiten da. Die Bestellungen, etwa bei dem Braunschweiger Schlachter Neubauer, werden immer vor den Markttagen erledigt.

Auf einer Grillplatte grillen Fleisch und Gemüsesorten. © Stadt Wolfenbüttel / Molau
Seit fast 60 ahren gibt es den Imbissstand Piske auf dem Wolfenbütteler Wochenmarkt.

Die Spezialitäten bei Piske

Das Zuhause ist Dortmund. Ihr Mann – ebenfalls ein Wolfenbütteler – hat im Ruhrgebiet eine Professur inne und so fährt Silvana Preuße jeden Dienstag und Freitag in die Lessingstadt, um für ihre Kunden da zu sein. “Die Kunden sind es, die mich immer wieder neu motivieren”, meint sie. Wolfenbüttel liebe sie und das viele Reisen sei für sie kein Problem. Das Gegenteil ist der Fall: Silvana Preuße liebt den asiatischen Raum und spricht sogar chinesisch. Kulinarisch schwört sie aber genauso auf die traditionelle Küche, die sie an den Markttagen anbietet. Neben Bratwurst und Currywurst, sind auch Schaschlik oder Sauerkraut Longseller. “Piskes Spezial”, das seit 30 Jahren angeboten wird – eine Mischung aus Bratwurst, Gurken, Pommes frites und Ketchup war ein Zufallsprodukt. “Wir haben einmal die Reste zusammengemixt und sie selbst gegessen. Die Kunden fragten, was das denn sei und wollten ebenfalls kosten. Seitdem ist das ein Renner”, erinnert sie sich. Für die jüngeren Kunden ist der Burger gesetzt. Die Pattys werden vor den Markttagen frisch zubereitet. Ob kleine Kunden oder ältere: Für Silvana Preuße sind alle gleich wichtig. Auch die Kleinsten werden mit ihren Wünschen ernst genommen. Das ist ihr eine Herzensangelegenheit – und sicher der Grund, warum das “Dankeschöön” auf dem Wolfenbütteler Markt auch generationenübergreifend gern gehört wird.

21.11.2017