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Hiltrud Bayer zur Wolfenbütteler Ehren­bürgerin ernannt

Die Stadt Wolfenbüttel hat mit Hiltrud Bayer ihre erste Ehrenbürgerin. In der Ratssitzung am 18. September 2024 wurde der Beschluss einstimmig getroffen. Am Abend erhielt sie von Bürgermeister Ivica Lukanic im Rahmen einer kleinen Feierstunde im Ratssaal die Urkunde überreicht.

Zwei Männer und eine Frau stehen zum Gruppenfoto. Ein mann trägt eine goldene Amtskette und hält eine gerahmte Urkunde in die Kamera © Stadt Wolfenbüttel
Bürgermeister Ivica Lukanic (rechts) und Ratsvorsitzender Jan Schröder unterzeichneten die Urkunde für Hiltrud Bayer nach dem Ratsbeschluss

Die Ernennung zur Ehrenbürgerin oder zum Ehrenbürger sei schon etwas Besonderes. Besonders, weil Menschen keinen Einfluss darauf haben, ob sie Ehrenbürgerinnen oder Ehrenbürger werden. „Das kann man nicht planen“, so der Bürgermeister. Daher stelle sich die Frage wie wann denn diese Ehre überhaupt erlangen könne. Im Fall von Hiltrud Bayer helfe vielleicht ein Blick in ihren Lebenslauf. Denn der sei jedenfalls beeindruckend. Nachdem 1961 aus der DDR geflohen, habe sie einige Jahre später in Fümmelse Fuß gefasst und dort ihre erste Stelle als Lehramtsanwärterin angetreten. 1964 sei sie in die SPD eingetreten, inspiriert von Persönlichkeiten wie Willy Brandt und Ernst Reuter. 1972 wurde Bayer in den Gemeinderat der früheren Samtgemeinde Fümmelse-Adersheim-Leinde gewählt. Nach der Gebietsreform 1974 ging es im Ortsrat Fümmelse weiter. Vom 3. November 1976 bis zum 18. November 2021 hatte sie dann das Amt der Ortsbürgermeisterin inne und konnte damals mit stolzen 45 Jahren vor ihrem Ausscheiden wohl als dienstälteste Ortsbürgermeisterin in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet werden. Vom 5. Oktober 1986 bis zum 31. Oktober 2021 war sie zudem Mitglied im Rat der Stadt Wolfenbüttel. Und davon – bis zu ihrem Ausscheiden - zehn Jahre lang Ratsvorsitzende gewählt. „Eine erste Antwort auf die eingangs gestellt Frage könnte also sein: Man braucht Beharrlichkeit und Ausdauer“, so Lukanic, die Hiltrud Bayer somit zweifelsfrei habe.

Alleine reiche dies aber natürlich nicht aus. Es brauche noch ein über Jahrzehnte hinweg herausragendes Engagement. Und auch dies habe Hiltrud Bayer für die Stadt und insbesondere für „Ihr“ Fümmelse gezeigt. „Der Begriff „Ehrenamt“ könnte nicht treffender für Dein Wirken stehen. Du hast persönliche Interessen immer hinten an und das Gemeinwohl in den Vordergrund Deiner Arbeit gestellt“, resümierte Lukanic. So sei in der Presse immer wieder von der „Grande Dame der SPD" zu lesen, die „Anerkennung über alle Parteigrenzen hinweg“ genieße, eine „prägende politische Figur über Jahrzehnte“, „bürgernah und durchsetzungsstark“ sei. „Liebe Hiltrud, egal mit wem ich in dieser Stadt rede, wenn man im Gespräch auf Dich kommt, kommt das Gespräch nicht ohne lobende Anerkennung, berührende Wertschätzung und touchiert von einer Prise Ehrfurcht aus“, so der Bürgermeister weiter. Und dies sei gleichzeitig auch eine weitere Eigenschaft und Voraussetzung für eine Ehrenbürgerschaft. „Du hast durch Deine Leistungen, deine Haltung eine prägende Vorbildfunktion für Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Wolfenbüttel“.

Der vierte und letzte Punkt sei schließlich Mut. „Nach Beginn des Mauerbaus fliehst Du aus Berlin in den Westen. Du bist in die SPD eingetreten, hast studiert, wurdest in Fümmelse Lehrerin und hast Dein Leben als alleinerziehende Mutter sortieren müssen. Du warst die erste Frau in der Region, die Ortsbürgermeisterin wurde. Das alles in einer patriarchalischen Umwelt deren akzeptiertes Lebensmodell die Familie mit Ehemann war. Heute - liebe Hiltrud - setzt Du diesen Weg fort und wirst die erste Frau, die in der Geschichte dieser Stadt die Ehrenbürgerwürde erhält. Das macht mich persönlich stolz“, fasst Lukanic zusammen, „Dein moralischer Kompass macht Dir Dinge möglich die vielen von uns für immer verborgen bleiben werden und lässt Dich Grenzen überschreiten, die andere nicht einmal zu Gesicht bekommen werden. Deine Loyalität zu Menschen folgt klaren Prinzipien. Du bist gesegnet mit moralischen Ansprüchen, die universell, überparteilich und immer warm sind – wenn man Deine Wahrheit und Ehrlichkeit als Bereicherung zu schätzen weiß“.

In einer weiteren Laudatio blickte Knut Foraita, Erster Stadtrat a.D. und langjähriger Wegbegleiter von Hiltrud Bayer auf ihr Wirken zurück. „Wir haben uns heute hier im historischen Ratssaal von Wolfenbüttel versammelt, um einer ganz besonderen Persönlichkeit eine sehr hohe Ehrung zuteilwerden zu lassen. Und schon nach diesem einleitenden Satz wird die zu Ehrende innerlich zusammenzucken, weil ihr die lobende Darstellung oder Herausstellung ihrer Person grundsätzlich nicht angenehm ist – und gerade deswegen, liebe Hiltrud, muss es heute sein, dass wir das tun, weil Du ein so vorbildlicher und bescheidener Mensch bist, dass auch dies zur Laudatio dazu gehört“, leitete Foraita ein. Es habe nur wenige Persönlichkeiten in der Stadt Wolfenbüttel gegeben, die in den vergangenen zwei Jahrhunderten mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet wurden, seinen Recherchen zufolge sind gerade einmal sechs Herren seit 1840 mit dieser hohen Ehre versehen worden. Und es ist ebenfalls bemerkenswert, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Axel Gummert und Manfred Ammon lediglich zwei Bürger der Stadt mit dieser hohen Ehre versehen seien.

„Diese Laudatio wäre nicht angemessen, wenn nicht das überragende Engagement Hiltrud Bayers für Fümmelse hier eine angemessene Erwähnung finden würde“, so Foraita. Hiltrud Bayer wirkte insgesamt 49 Jahre in den örtlichen Gremien Fümmelses als Mandatsträgerin mit. Sie richtete bereits 1981 eine wöchentliche Bürgersprechstunde ein und machte auf diesem Wege jegliche technologische Errungenschaft der Gegenwart obsolet: „Wer sie sprechen wollte, konnte sie sprechen. Wer ein Anliegen hatte, konnte es äußern. Hiltrud Bayer kümmerte sich um alles und jeden“, betonte Foraita. Ausgestattet mit den preußischen Tugenden zielorientierten Fleißes und einer amtsausführenden Bescheidenheit habe sie diesem Ortsteil in unvergleichlichem Maße uneigennützig gedient. So verwundere es nicht, dass sie auch heute noch – seit Jahren nicht mehr im Amt -, von Einwohnern Fümmelses wegen deren Anliegen angesprochen werde und dann pflichtbewusst auf ihren Nachfolger oder die zuständigen Stellen im Rathaus verweise. Dank ihrer Initiative und Mitwirkung sei Fümmelse mit zahlreichen infrastrukturellen Einrichtungen versehen worden, sei das Ortsbild verschönert worden, sei der Altdeutsche Weihnachtsmarkt in Fümmelse zu einem vorweihnachtlichen Ereignis von Stadtbedeutung geworden.

Von ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit als Lehrerin und Schulleiterin in Fümmelse über ihr jahrzehntelanges Engagement in vielen Gremien der Stadt und des Ortsteiles Fümmelse bis hin zu ihrem breiten Engagement in Kirche, Vereinen und Freundeskreisen habe sich Hiltrud Bayer in herausragender Weise um die Stadtgesellschaft in Wolfenbüttel verdient gemacht und dies führte 1996, also vor bereits 28 Jahren, zur Ehrung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande. „Aber“, so Foraita, „wir ehren heute einen Menschen, der sich fraglos selbst nicht in den Vordergrund geschoben hat, der sich selbst nicht als das Wichtigste auf der Welt betrachtet, der – um es in modernem Deutsch zu formulieren – sich nicht unentwegt selbst bespiegelt. Wir ehren einen Menschen, der sich nach dem Motto engagiert: Frage nicht, was Deine Stadt für Dich tun kann, sondern frage, was Du für Deine Stadt tun kannst.“

Sichtlich gerührt dankte Hiltrud Bayer den Rednern für ihre Worte und dem Rat für die Ernennung. „Ganz so schön, wie beide mich beschrieben haben, bin ich sicherlich für einige nicht gewesen, da war ich unangenehm“, wirft sie jedoch schmunzelnd ein. „Ich möchte der Stadt Wolfenbüttel für diese Ehrenbürgerschaft danken. Ich werde versuchen, sie so weit wie es möglich ist, mit Leben zu füllen und werde mir immer bewusst machen, was das bedeutet.“ Dass sie dabei auch an andere denkt, machte sie mit der Weitergabe des mit der Ernennung verbundenen Geldbetrages deutlich. Die 1000 Euro gingen an die Lebenshilfe in Fümmelse. Die Integration der dort Beschäftigten in den Ort lag und liegt ihr stets am Herzen.

Impressionen

Flickr-Album: Hiltrud Bayer zur Wolfenbütteler Ehrenbürgerin ernannt

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19.09.2024