Landkreis Wolfenbüttel trauert um ehemaligen Landrat Jahn
Der Landkreis Wolfenbüttel trauert um seinen ehemaligen Landrat Ernst-Henning Jahn, der am vergangenen Donnerstag im Alter von 84 Jahren verstarb.
Der 1938 in Braunschweig geborene Jahn war von 1981 bis 1996 Landrat des Landkreises Wolfenbüttel an der Seite des Oberkreisdirektors Dr. Ernst-Hartmut Koneffke, der in der Doppelspitze die Verwaltung leitete. Neben Jahns langjähriger Tätigkeit als Landrat war er in unterschiedlichen Funktionen Mitglied in mehreren politischen Ausschüssen, Verbänden sowie als Abgeordneter und Vizepräsident im Niedersächsische Landtag vertreten. Er engagierte sich zudem im Rat der ehemaligen Samtgemeinde Schöppenstedt sowie in den Gemeinderäten in Uehrde und Watzum, seinem Wohnort. Während seiner Zeit als Landrat vereinbarte der Landkreis Wolfenbüttel internationale Partnerschaften mit der Stadt Cachan bei Paris sowie mit der Gemeinde Rhondda Cynon Taf in Wales, Großbritannien. Als Landrat setzte sich Ernst-Henning Jahn zur Zeit der Grenzöffnung für intensive Kontakte zu den Menschen in der ehemaligen DDR an der Grenze zum Landkreis ein.
„Mit Ernst-Henning Jahn verliert der Landkreis Wolfenbüttel eine verdiente Persönlichkeit. Als Landrat repräsentierte er den Landkreis, auch in unseren Partnerstädten in Frankreich und Großbritannien. Während seiner Amtszeit ging mit der deutschen Wiedervereinigung seine langgehegte Hoffnung in Erfüllung. An erster Stelle für ihn standen aber die Menschen im Landkreis. Er hat sich mit großer Energie für das Gemeinwohl und einen lebenswerten Landkreis eingesetzt. Der Landkreis Wolfenbüttel wird sich in großer Dankbarkeit an Ernst-Henning Jahn und an sein Wirken erinnern“, sagte Landrätin Christiana Steinbrügge zum Tod des ehemaligen Landrats.
Großes politisches und gesellschaftliches Engagement
Von 1968 bis 2011 gehörte Ernst-Henning Jahn dem Wolfenbütteler Kreistag an. Während seiner langjährigen Mitgliedschaften in unterschiedlichen politischen Gremien des Kreistages, etwa dem Kreisausschuss (1968 bis 2006), dem Zonenrand- und Wirtschaftsförderungsausschuss (1968 bis 1974) oder dem Finanzausschuss (ab 2001) prägte er über viele Jahre hinweg die politische Arbeit im Landkreis.
Wirtschaftsförderung, die Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule in Wolfenbüttel, eine Regionale Leitstelle für die Landkreise Peine und Wolfenbüttel sowie die Stadt Braunschweig oder die Debatte über eine Region Braunschweig - als Kreistagsabgeordneter gestaltete er die Politik im Landkreis aktiv mit. Der ehemalige Landrat Burkhard Drake würdigte ihn 2003 zur 35-jährigen Mitgliedschaft im Kreistag als Mann mit großer Sachkenntnis, Kompetenz und Erfahrung. Er habe, gerade zur Wendezeit, „ein Kapitel Geschichte des Landkreises Wolfenbüttel an entscheidender Stelle mitgeschrieben“. Dabei galt Jahn als durchaus als streitbar. Er sei hart in der Sache, aber immer fair und respektvoll dem politischen Gegner gegenüber, so Drake.
Während seiner 15-jährigen Amtszeit als Landrat fiel die Aufnahme von internationalen Partnerschaften nach Frankreich (Cachan, 1986) und Großbritannien (Rhondda Cynon Taf, 1992), diese Partnerschaften bestehen bis heute. Aus der Generation, die direkt nach dem verheerenden zweiten Weltkrieg aufwuchs, war ihm gerade die Aussöhnung mit Frankreich sehr wichtig.
Neben der Landkreispolitik prägte er als Abgeordneter des Niedersächsischen Landtages von 1970 bis 2003 auch die Landespolitik, ab 1990 auch als Landtagsvizepräsident.
Darüber hinaus gehörte er der Verbandsversammlung des Verbandes Großraum Braunschweig (heute: Regionalverband Großraum Braunschweig), der Mitgliederversammlung und dem erweiterten Vorstand der Braunschweigischen Landschaft sowie als Mitglied dem regionalen Beirat der Braunschweigischen Landessparkasse an.
Wiedervereinigung als wichtigstes politisches Ereignis
Mit der Grenzöffnung und dem Ende der deutsch-deutschen Teilung war der Landkreis Wolfenbüttel kein Zonenrandgebiet mehr. Am 12. November 1989 besuchte Landrat Ernst-Henning Jahn erstmalig mit weiteren Teilnehmenden aus Kreis- und Landespolitik den Ort Hessen in der DDR. Nach vielen Jahrzehnten der Trennung war es wieder möglich, dass sich Menschen von beiden Seiten der Grenze ungehindert begegnen konnten. Bei Mattierzoll und Hornburg bekam der Eiserne Vorhang Risse. Der Landkreis Wolfenbüttel sorgte dafür, dass die Straße zwischen Hornburg und Osterwieck ausgebaut sowie eine Busverbindung eingerichtet wurde.
In Watzum aufgewachsen, lebte Jahn in unmittelbarer Nachbarschaft des Grenzzauns. Die nahe Grenze und Zonenrandlage habe ihn politisch geprägt, sagte er einmal in einem Interview gegenüber dem Hannoveraner Sender h1. „Die Wiedervereinigung hat mich nie losgelassen. Ich habe den Auftrag des Grundgesetzes ernst genommen, dass das deutsche Volk aufgefordert ist, die Einheit in Freiheit zu vollenden. Ich habe den Tag der Wiedervereinigung herbeigesehnt. Ich hatte einen festen Glauben daran, dass dieser Tag kommt.“ In mehreren Gedenkveranstaltungen erinnerte Ernst-Henning Jahn an die Zeit der Grenzöffnung und brachte dafür Menschen aus dem Landkreis Wolfenbüttel und dem Landkreis Harz zusammen.
„Der Landkreis Wolfenbüttel verabschiedet sich von Ernst-Henning Jahn mit großem Respekt vor seiner Lebensleistung und in größter Dankbarkeit für sein Engagement für den Landkreis. Unsere Gedanken sind bei ihm, unsere große Anteilnahme gilt seinen Hinterbliebenen“, so Landrätin Steinbrügge.