Sprungziele
Hauptmenü
Inhalt
Datum: 16.02.2025

Drei Bücher kehren zurück: Restitution an die Erbberechtigten von Moriz Grünebaum

Die Herzog August Bibliothek (HAB) restituiert eine dreibändige Ausgabe von Friedrich Nicolais satirischem Roman „Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker“ an die Erbberechtigten des Wiener Bibliothekars und Kunstsammlers Moriz Grünebaum (1873 bis 1941).

Exlibris von Moriz Grünebaum auf einem alten Buch, mit Angaben "Nummer / Kasten / Fach". Ein Lineal liegt zum Größenvergleich daneben © HAB
Exlibris von Moriz Grünebaum, anhand dessen die Besitzhistorie rekonstruiert werden konnte.

Moriz Ritter von Grünebaum war trotz seiner Konversion zum Katholizismus nach der Eingliederung Österreichs ins Deutsche Reich im März 1938 antisemitischen Verfolgungen durch das NS-Regime ausgesetzt. Im Oktober 1940 wurde er zu seiner Schwester Margarethe Fürth zwangsumgesiedelt. 1941 wurden Grünebaum, Margarethe Fürth und deren Tochter Wilhelmine Elisabeth Fürth zum Umzug in eine sogenannte „Sammelwohnung“ in der Wiener Herminengasse 16 gezwungen.

In Vorbereitung seiner Zwangsumsiedlung musste der leidenschaftliche Exlibris-, Grafik- und Büchersammler seine umfassende Sammlung im Herbst 1940 bei der Spedition J. Z. Dworak junior einlagern. Gegen Dworak, dessen Name auch in weiteren Fällen von NS-verfolgungsbedingtem Kulturgutverlust auftaucht, wurden nach der Befreiung Strafverfahren eingeleitet – unter anderem wegen Veruntreuung von zwischen 1943 und 1945 bei ihm eingelagerter Bestände.

Im August 1942 wurde Moriz Grünebaum ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 21. Dezember 1942 im Alter von 69 Jahren verstarb. Über den weiteren Verbleib seiner Sammlung ist nichts bekannt. Zwischen 1948 und 1957 tauchten sukzessive Werke aus Grünebaums Eigentum im Wiener Kunsthandel auf. Wann und auf welchen Wegen die Stücke in den Handel gelangten, ist heute nicht mehr nachvollziehbar.

Die dreibändige Ausgabe von „Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker“ kam als Teil der Bibliothek des Komponisten und Hochschullehrers Ernst Pepping (1901 bis 1981) 1985 in den Bestand der HAB. Peppings Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus wird als ambivalent eingestuft. Seine etwa 2.300 Bände umfassende Sammlung von Werken der deutschen und europäischen Literatur in historischen Ausgaben stellte Pepping eigenen Aussagen zufolge seit der Nachkriegszeit zusammen. Ein Erwerb einzelner Bände während der NS-Zeit ist jedoch nicht auszuschließen.

Die Provenienz der Bände aus dem Eigentum von Moriz Grünebaum wurde im Rahmen des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekts »NS-Raubgut unter den Zugängen der Herzog August Bibliothek 1933-1969« recherchiert. Ihr NS-verfolgungsbedingter Entzug kann als gesichert gelten, weshalb die HAB die Bücher nun an die Erbberechtigten des Sammlers restituiert hat.

Kontakt