NS-Raubgut: Neue Ergebnisse
Die Provenienzforschung zu NS-verfolgungsbedingtem Entzug an der Herzog August Bibliothek hat zu zwei weiteren Restitutionen geführt. Ein Buch, das sich seit den achtziger Jahren in der Herzog August Bibliothek (HAB) befand, wurde an das Rabbinerseminar zu Berlin übergeben. Eine Holzschnittmappe aus dem Nachlass von Ottmar Strauß verbleibt in der HAB.
Ottmar Edwin Strauß, ein deutscher Eisenhandelskaufmann, war während des NS-Regimes als Jude verfolgt und wurde ab 1933 aus der von ihm mitbegründeten Firma gedrängt. 1936 emigrierte er aufgrund des wachsenden Verfolgungsdrucks in die Schweiz und musste zu Begleichung der „Reichsfluchtsteuer“ einen Großteil seines Eigentums unter Wert verkaufen. Strauß verstarb 1941 mittellos im Exil. Aus seinem Nachlass stammt die Mappe mit Holzschnitten von Josef Weisz Deutsche Arbeit (1922), die die HAB 1991 antiquarisch erwarb. Auf welchem Weg das Werk in den Antiquariatshandel gelangt war, konnte nicht rekonstruiert werden. Im April 2025 wurde die Mappe an die Erbinnen und Erben restituiert, die sich entschieden, sie gegen eine Ausgleichszahlung im Bestand der HAB zu belassen.
Das Rabbinerseminar zu Berlin, gegründet 1873 und 1938 im Zuge der Novemberpogrome zwangsweise geschlossen, galt als eine der bedeutendsten Ausbildungsstätten für orthodoxe Rabbiner in Westeuropa. Aus seiner Bibliothek stammt das Werk Pseudo-Aristoteles über die Seele von Abraham Löwenthal (1891), das sich seit 1982 in Wolfenbüttel befand. Anhand eines Besitzstempels ließ sich der Band zweifelsfrei zuordnen. Die HAB hat sich entschieden, das Buch dem 2009 neu gegründeten Rabbinerseminar als ideeller Nachfolgeinstitution zu überlassen.
Beide Provenienzen wurden im Rahmen der vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekte „NS-Raubgut unter den antiquarischen Erwerbungen der Herzog August Bibliothek seit 1969“ sowie „NS-Raubgut unter den Zugängen der Herzog August Bibliothek 1933–1969“ recherchiert.