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Datum: 25.06.2023

Es begann mit einem Drama, das niemand miterleben möchte

Anderen Menschen zu helfen, ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil unseres Denkens und ein Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Es trägt vielmehr auch dazu bei, dass wir uns wohl fühlen in der Gemeinschaft und das soziale Miteinander genießen. Ein schönes Beispiel dafür ist das Werben des DRK-Kreisverbandes Wolfenbüttel um neue Ehrenamtliche, die sich in der Erste-Hilfe-Ausbildung engagieren wollen.

Ein Mann steht vor einer Hinweistafel des DRK. © DRK
Sven-Dieter Scholz hat schon eine erstaunliche Vita hinter sich. Und er ruft zu mehr Mut am Unfallort auf

Erster Neuzugang war Sven-Dieter Scholz. Der 32-Jährige hat sich vom gelernten Gerüstbauer zunächst zum Rettungssanitäter entwickelt. "Seit 2017 arbeite ich hauptberuflich beim Roten Kreuz." Doch das reichte ihm nicht. Durch Zusatzkurse ließ er sich zum Ausbilder der Ersten Hilfe schulen und darf nun Aus- und Fortbildungen leiten. Eine weitere Qualifikation erwarb er sich durch das Lehrseminar "Erste Hilfe am Kind" – keineswegs eine Selbstverständlichkeit. "Das ist schon speziell, man muss ganz andere Abläufe lernen, auch die Prävention ist viel wichtiger."

Der Auslöser für sein Interesse an diesem Thema war allerdings ein Drama: "Bei einem meiner ersten Einsätze als Rettungssanitäter wurden wir in eine Familie gerufen, wo wir einen leblosen Säugling fanden", erzählt er noch immer bedrückt. Solche Situationen sind schon schlimm genug, doch was noch schlimmer war: "Die Eltern standen daneben und hatten keinerlei Kenntnisse von Erster Hilfe – da kamen natürlich Schock und Hilflosigkeit zusammen."

So weit muss es nicht kommen, hat Scholz damals für sich beschlossen. Seitdem widmet er sich der Notfall-Ausbildung anderer Wolfenbütteler, im Februar lief sein erster Kursus. "Es können sich Gruppen von Arbeitskollegen ebenso anmelden wie Vereine oder Einzel-Teilnehmer. Und am 8. Juli startet wieder ein Lehrgang für Erste Hilfe am Kind, der aber bereits ausgebucht ist."

Das Thema hat sich für den Schöppenstedter mittlerweile zur Herzenssache entwickelt. "Auch nach Verkehrsunfällen stehen Angehörige und Zeugen oft daneben und greifen nicht ein, dabei ist Erste Hilfe doch ganz einfach." Der entsprechende Leitsatz lautet: "Im Grunde ist alles besser, als gar nichts zu tun." Beim Erstkontakt mit einer hilflosen Person empfiehlt Scholz das, was er "Disko-Prinzip" nennt: "Ansehen, Ansprechen, Anfassen." Offenbaren sich auf diesem Wege ernstere Verletzungen, gehe es weiter: "Notruf absetzen, etwaige Blutung stillen, Beatmen."

Nach Meinung des Familienvaters sollte es Pflicht werden, die Kenntnisse in Erster Hilfe alle drei oder fünf Jahre aufzufrischen. "Heute macht man die Prüfung zum Führerschein, danach gerät das in Vergessenheit." Hinzu komme, dass sich die medizinischen Erkentnisse zuletzt enorm verändert haben. "Früher hat man stark blutende Wunden abgebunden, heute stoppt man sie mit einem Druckverband. Verunfallten Motorradfahrern nimmt man heute den Helm ab – früher war das verboten." Und sogar bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung, dem Kernstück jeder Ersten Hilfe, gab es in jüngerer Zeit Veränderungen: "Heute pumpt man 30-mal, bevor zwei Atemzüge für die Lunge dazwischen kommen – früher waren es nur 15 Kompressionen."

Vor Jahren hat der Rettungssanitäter mit Freunden einen interessanten Feldversuch gestartet: "Eine Freundin ging durch die Fußgängerzone und brach dann zusammen. Wir haben aus der Distanz zugeschaut." Es dauerte etwas, bis jemand zu Hilfe kam. "Fünf Leute sind vorbeigegangen, vornehmlich ältere. Erst jüngere, die sich noch an ihre Erste-Hilfe-Ausbildung erinnert haben, blieben stehen und griffen ein."

Scholz plädiert dafür, mutiger zu werden. "Jeder kann helfen." Und er wirbt nicht nur um ausgebildete Ersthelfer, sondern um künftige Ausbilder. Das sieht Aline Gauder ähnlich. Sie leitet das DRK-Team Ehrenamtskoordination und freut sich über wachsendes Interesse an der Ersten Hilfe. "Doch um alle Anfragen bedienen zu können, brauchen wir mehr Referenten." Interessierte können sich melden, ein medizinischer Hintergrund sei von Vorteil, aber nicht erforderlich.

"Unsere nächsten Kurse mit freien Plätzen starten Samstag 22. Juli, Samstag 12. August und Montag 14. August, letzterer dann als Erste Hilfe am Kind", kündigt Aline Gauder an. Dieses Angebot sei öffentlich für Jedermann (zum Beispiel für den Führerschein), als Einzelperson und in kleinen Gruppen aus Firmen und Vereinen. "Währenddessen ist erstmal Urlaubszeit – wir freuen uns natürlich dennoch über Anfragen, gerne auch jetzt schon für den Herbst." Infos und Anmeldung über Ehrenamt@DRK-KV-WF.de oder die Homepage Erste Hilfe Ausbildung

Sven-Dieter Scholz jedenfalls hat diesen Schritt nicht bereut, auch wenn Ehefrau Janina und die beiden Kinder jetzt manchmal auf ihn verzichten müssen am Wochenende. "Aber sie finden meinen Einsatz richtig, weil ich etwas Gutes tue für die Gemeinschaft." Weil das der Kitt ist, der alles zusammenhält.

Kontakt

Deutsches Rotes Kreuz (DRK)

Kreisverband Wolfenbüttel e.V.

Am Exer 19
38302 Wolfenbüttel