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Datum: 17.02.2024

Der Haushalt der Zukunft - Haus­halts­siche­rung im Wandel der Zeit

Klimawandel, Mobilitätswende, Kinderbetreuung, Daseinsvorsorge. Alles Begriffe, die bei der Erstellung des Haushaltes der Stadt regelmäßig fallen. Die gesetzlichen und gesellschaftlichen Ansprüche haben sich verändert, sind gewachsen. Was passiert, wenn die Ausgaben größer werden, die Einnahmen aber nicht? Was will sich die Kommune leisten? Worauf könnten Bürgerinnen und Bürger verzichten? Viele Fragen, auf die beim 3. Rathausdialog der Stadt Wolfenbüttel Antworten gegeben wurden.

Bürgerinnen und Bürger stehen vor Stellwänden mit Infoplakaten und an einem Stehtisch © Stadt Wolfenbüttel
Rathausdialog: Für die Bürgerinnen und Bürger gab es auch einen »Mitmachteil«.

Am Donnerstag, 15. Februar 2024 kamen Erster Stadtrat und Kämmerer Knut Foraita und der Haushalts-Experte Dr. Christian Müller-Elmau vom IPM in Berlin mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern dazu im vollen Ratssaal ins Gespräch. Besonders erfreulich: Auch viele Jugendliche interessierten sich für dieses vielleicht nur auf den ersten Blick trockene (Zukunfts-)Thema.

Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Ivica Lukanic stellte Kämmerer Knut Foraita zunächst die Herausforderungen dar. „Wir stehen auch mit unserem Kommunalhaushalt an einer Zeitenwende“, betonte er. Der zweistufige Staatsaufbau ist dabei eine der Herausforderungen damit umzugehen. Gemeinden und Gemeindeverbände sind Teile ihrer jeweiligen Bundesländer. Es gibt aber keine förmliche Beteiligung im Gesetzgebungsverfahren, lediglich eine informelle Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände. Am Ende werden Aufgaben so lange „abwärts“ verlagert, bis sie bei den Kommunen angelangt sind. Kommunen sind von der Geltung des Art. 109 III Grundgesetz („Schuldenbremse“) explizit ausgenommen, was systemwidrig ist. Der Spagat zwischen sinnvoller Erledigungsvielfalt und effizienter Vereinheitlichung gelingt daher so meist nicht.

Weitere sichere Herausforderungen für kommunale Haushalte sind Klimawandel und Extremwetterereignisse, die Destabilisierung der „Weltordnung“ und das nicht immer zur übrigen Welt passende „Mindset“ der Deutschen. „Wir haben verlernt und es wird uns auch verboten, einfache und niedrigschwellige Lösungen zu verfolgen. Stattdessen verfolgen wir zum Beispiel bauliche, rechtliche und qualitative Standards und umständliche Verfahren, die es teurer machen und verlängern“, kritisiert Foraita.

Und was bedeutet dies alles konkret für den Wolfenbütteler Haushalt in den nächsten Jahren? „Aktuell ergibt sich nach gegenwärtigem Planungsstand in den Jahren 2024 bis 2027 ein Gesamtfehlbedarf in Höhe von 33,8 Millionen Euro“, sagt der Kämmerer. Der Gesamtfehlbedarf könnte zurzeit noch aus Rücklagen der Stadt gedeckt werden. Diese wurden über die vergangenen zwölf Jahre mühsam über sorgfältige Haushaltsführung aufgebaut. Die Überschussrücklage beträgt derzeit zirka 47,7 Millionen Euro, somit würde die Rücklage bis 2027 auf 13,9 Millionen Euro schrumpfen.

Um dem Negativtrend entgegenzuwirken, wird von der Stadt ein Haushaltssicherungskonzept erstellt. In diesem werden mögliche Entlastungsmaßnahmen betrachtet, die ergriffen werden sollen, um in der Zukunft wirtschaftlich so zu handeln, dass im Idealfall der Haushaltsausgleich ohne die Inanspruchnahme von Rücklagebeständen erreicht werden kann. Aber selbst nach diesem Konzept würde der Haushaltsausgleich voraussichtlich erst ab 2037 wieder eintreten. Neben dem Ergebnishaushalt, der auch laufender Haushalt genannt wird, gibt es auch den Investivhaushalt. Als investiv gilt jede Anschaffung über 1.000 Euro netto, von der man ausgeht, dass sie längerfristig nutzbar ist (über das aktuelle Haushaltsjahr hinaus), und jede Baumaßnahme, wenn sie werterhöhend (nicht werterhaltend) ist. Beispiele sind Grunderwerb, Baumaßnahmen, Zuschüsse für Investitionen, aber auch Tilgungen. „Die Summe aus den investiven Einzahlungen und Auszahlungen sorgt 2024 für ein Planungsdefizit über 35,2 Millionen Euro“, sagt Foraita. Um für diese Maßnahmen die Finanzierung sicherzustellen, muss die Stadt zusätzlich Investitionskredite einplanen. Die erwartete Nettokreditaufnahme 2024 beläuft sich auf 23,4 Millionen Euro.

Ein Mann spricht an einem Rednerpult © Stadt Wolfenbüttel
Dr. Christian Müller-Elmau: »Alles gleichzeitig zu tun geht nicht. Wir müssen Wunsch und Wirklichkeit in Einklang bringen.«

An den Bereich Investitionen knüpfte der Impulsvortrag von Dr. Christian Müller-Elmau an. Es ist eine große Herausforderung für Kommunen, die Handlungsfähigkeit dauerhaft zu gewährleisten und sich auf langfristige Entwicklungen zu fokussieren. Daher ist in seinen Augen eine strategische Investitionspriorisierung unausweichlich. Die Herausforderung einer kommunalen strategischen Steuerung ist dabei das richtige Maß an Investitionen zu finden. Die zeitgleiche Verfolgung aller strategischen Ziele überfordert die Kommune, strategische Ziele werden dann nicht oder kaum erreicht. Investitionen müssen daher innerhalb eines „Investitionsdeckels“ strategisch priorisiert werden. Mit Blick auf die jährlichen Abschreibungen der Stadt in Höhe von rund 12,5 Millionen Euro sollten daher nicht mehr als 24 Millionen Euro jährlich reinvestiert werden. Und innerhalb dieses „Deckels“ können Maßnahmen dann gemeinsam mit der Politik strategisch priorisiert werden.

Nach den beiden kurzweiligen Impulsvorträgen stand für die anwesenden Bürgerinnen und Bürger der „Mitmachteil“ an. Alle hatten Gelegenheit, Einsparungs- und Erweiterungsvorschläge zum Stadthaushalt der Zukunft zu geben. Drei rote Klebepunkte konnten verteilt werden an Dinge, für die weniger ausgegeben werden soll, und zwei grüne Klebepunkte (es soll ja gespart werden), für Dinge, in die mehr Geld fließen soll. Die Ergebnisse waren durchaus interessant und nicht jedem viel es leicht, hier eine Entscheidung zu treffen. Aber wie sagte ja schon Dr. Christian Müller-Elmau in seinem Vortrag: „Alles gleichzeitig zu tun geht nicht. Wir müssen Wunsch und Wirklichkeit in Einklang bringen.“

Weitere Informationen

  1. Präsentation: "Rathausdialog - Zeitenwende: Herausforderung für kommunale Finanzen"

    © Stadt Wolfenbüttel

  2. Konzept Strategische Investitionspriorisierung in der Stadt Wolfenbüttel (Steuerungskonzept)

    © Stadt Wolfenbüttel

Kontakt

Frau Ann-Kathrin Rasch

Dezernat I: Zentrales Verwaltungsmanagement
Assistenz der Dezernatsleitung

Stadtmarkt 3–6
38300 Wolfenbüttel